„Das ganz Kleine und das ganz Große“ (HAZ vom 27.06.25)

„Das ganz Kleine und das ganz Große“ (HAZ vom 27.06.25)

Marlon Kraus legt Abi mit Traumschnitt 1,0 an der KGS Pattensen ab. Er engagiert sich in der Technik-AG und hat eine Fake-News-Aktion mitgestaltet. Was der 19-Jährige studieren wird, ist noch offen.
Pattensen-Mitte.
„Das ganz Kleine und das ganz Große interessiert mich ganz besonders”, sagt Marlon Kraus. „Im Bereich Physik finde ich zum Beispiel Themen wie Gravitation, Zeit, Quantenphysik oder die Relativitätstheorie spannend. Klassische Dinge wie Mechanik finde ich hingegen oft nicht so interessant.“

 

Der 19-jährige Abschlussschüler der Ernst-Reuter-Schule hat viele Interessen. Mathematik und Naturwissenschaften, „ich gehe aber auch gerne ins Theater oder ins Ballett.“ Die Neugier nach Wissen ist vermutlich auch das, was Marlon Kraus zu einem besonderen Schüler macht. Am Donnerstag hat er sein Abiturzeugnis in die Hand bekommen – mit der Traumdurchschnittsnote 1,0.

Dem Pattenser gefällt es, sich in neue Themen einzuarbeiten und Dinge auszuprobieren. „Wenn mir etwas begegnet, das mich interessiert, steige ich gerne tiefer in die Materie ein“, sagt Kraus. „Oft habe ich ein Thema, mit dem ich mich ein paar Monate lang intensiv beschäftige, und dann reicht es auch.“

Eigentlich gebe es in allen Bereichen Interessantes zu entdecken – „auch wenn man sie auf den ersten Blick vielleicht nicht so spannend findet“, sagt der 19-Jährige. Als Beispiel nennt er das Thema Gedichtinterpretation. „Mich interessiert dann zum Beispiel, in welchem historischen Kontext das Gedicht entstanden ist, und wie es auf mich wirkt. Man muss sich darauf einlassen. Das hilft, an einem Thema dranzubleiben. Dann fällt einem auch eine Interpretation nicht mehr so schwer.“

Knifflige Aufgaben fordern den Pattenser heraus – zum Beispiel Problemlösungen im Bereich Mathematik. Kraus findet aber auch Philosophie oder Volkswirtschaftslehre spannend. Um sein Wissen zu erweitern, nutzt er verschiedene Kanäle. „Ich höre mir gerne Fachvorträge an, zum Beispiel beim Fest der Wissenschaften.“

Abschlusstest in Cambridge

Der 19-Jährige habe sich sogar schon Vorlesungen und Übungsblätter angeschaut, die Universitäten online stellen. „Ich habe auch schon mal die Abschlusstests von Cambridge überflogen.“ Es ginge ihm gar nicht darum, diese Aufgaben auch lösen zu können. „Ich möchte eher sehen, wie an den Unis gearbeitet wird und wie die Aufgaben strukturiert sind.“

Seit der sechsten Klasse ist Kraus zudem in der Bühnentechnik-AG der KGS aktiv. „Ich fand es schon immer faszinierend, die Prozesse kennenzulernen, die im Hintergrund ablaufen“, sagt der 19-Jährige. Dies habe er bereits bemerkt, als er in die fünfte Klasse eingeschult wurde. „Ich hatte damals gesehen, dass da Leute in schwarzen Shirts rumlaufen und immer wieder hinter der Bühne verschwanden. Das fand ich interessant und wollte wissen: Was passiert da?“

Später absolvierte Kraus sogar zwei Praktika in diesem Bereich: Bei der Firma AVMS im Hemmingen, die insbesondere Veranstaltungstechnik für den Messebereich anbietet, sowie im Kulturpalast Linden. Neben der technischen Betreuung von Veranstaltungen schnupperte er dort ins Projektmanagement hinein, buchte Bands für Konzerte und übernahm Verwaltungsaufgaben. Aktuell ist er für einen Nebenjob im Technikbereich bei der Eisfabrik Hannover im Gespräch.

„Ich bin insgesamt sehr kultur- und musikinteressiert. Eine Weile habe ich auch selbst versucht, Musik zu machen.“ Als Jugendlicher nahm er kurzzeitig Schlagzeugunterricht, „das hat mir dann aber doch nicht so gut gefallen.“ Schließlich richtete er sich zu Hause ein Mini-Tonstudio ein. „Ich wollte mich einfach ein bisschen ausprobieren und habe dann viel mit Samples gearbeitet.“

Politik findet Marlon Kraus ebenfalls interessant. „Ich beteilige mich an Demonstrationen oder schaue mir politisches Kabarett an, und ich scheue auch keine Diskussion.“ An der KGS hatte er sich 2023 an einem Projekt zum Thema Fake News beteiligt, das damals in Pattensen viel Aufsehen erregt hatte. „Wir wollten herausfinden, wie schnell sich Falschmeldungen verbreiten“, blickt Kraus zurück. Sie verkündeten die Nachricht, dass sämtliche Schultoiletten einen Monat lang gesperrt werden. Das Thema machte an der Schule schnell die Runde und gelangte sogar bis ins Rathaus.

Sich in neue Themen einzuarbeiten, falle ihm leicht: „Eigentlich habe ich nie groß für die Schule gelernt“, sagt er. „Ich war eher ein Kandidat, der seine Hausaufgaben vergisst. Trotzdem hat es fast immer gereicht, gute Noten zu schreiben.“ Seine Eltern hätten ihn stets unterstützt. „Ich hatte nie Druck, das Verhältnis war immer sehr entspannt. Meine Eltern haben mich einfach machen lassen.“ Marlon Kraus glaubt, dass zu viel Druck sowieso nicht viel bringt. „Dann baut man eher Gegendruck auf.“

Wie es nach der Schule genau weitergeht, weiß der 19-Jährige noch nicht. „Ich lote gerade meine Optionen aus. Beim Studium hat man die Qual der Wahl, wenn man sich für so vieles interessiert“, sagt der Abiturient lachend. Spannend findet er zum Beispiel eine Verbindung aus Ökologie und Wirtschaft. In Berlin habe er ein Studium entdeckt, das Philosophie und Nachhaltigkeitslehre verbindet. Die KGS Pattensen habe ihm zudem angeboten, den Bundesfreiwilligendienst an der Schule zu absolvieren. „Ein freiwilliges soziales Jahr interessiert mich auch, zum Beispiel bei einer Umweltschutzorganisation wie Sea Shepard.“

Text/Bild: Daniel Junker (HAZ)