Pattensen. „Vielleicht gibt es keinen Gott. Ich weiß es nicht.“ Mit diesen Worten der Schülerin Nikita Merinero endete eine besondere Veranstaltung des Religionskurses aus dem zwölften Jahrgang der KGS Pattensen. Zum Abschluss einer Unterrichtseinheit haben die Lehrerinnen Jennifer Jollet und Jessica Sommerfeld die Schülerinnen und Schüler erstmals Poetry-Slams und Instagram-Andachten vor rund 60 Gästen in der St.-Lucas-Kirche aufführen lassen. Beide waren am Ende stolz auf die Leistung der Schülerinnen und Schüler. „Ich hatte Gänsehaut“, sagte Jollet.
In der Unterrichtseinheit ging es um die Theodizee, also die Frage, weshalb Gott so viel Leid auf der Welt zulässt. „Wir haben mit den Schülerinnen und Schülern im Unterricht sachlich über die Frage diskutiert. Mit dieser besonderen Ausdrucksform wollten wir ihnen die Möglichkeit geben, auch persönliche Gefühle in Bezug auf diese Frage auszudrücken“, sagte Jollet. Dieses Angebot nutzten die Schülerinnen und Schüler dann auch. Diejenigen, die sich für den Poetry-Slam entschieden, trugen ihre selbst verfassten Texte in der Kirche vor. Für die Instagram-Andachten hatten die Schülerinnen und Schüler verschiedene Fotos und kurze Videos zusammengeschnitten und mit einem selbst verfassten Kommentar unterlegt. Die Beiträge wurden dann auf einer Leinwand in der Kirche gezeigt. Viele Schülerinnen und Schüler argumentierten damit, dass Gott die Erde geschaffen und dann in die Hände der Menschen gelegt habe. Er vertraue darauf, dass die Menschen mit ihrer Freiheit der Entscheidung verantwortungsvoll umgehen. Die Schüler Luca Bednarz und Leonhard Ingles brachten es auf den Punkt: „Lieber leidend in Freiheit leben oder eingeschränkt wohlfühlen?“, fragten sie. Und die Antwort lautete: „Was ist ein Leben wert, wenn es nicht mein Leben ist.“ Marlene Heddergott forderte in ihrem Text „Siehst du mich?“ ein ganz persönliches Zeichen von Gott. „Wenn du mich sehen solltest, beweis mir, dass du mich liebst“, sagte sie.
Den Finger in die Wunde legten auch Lena Freund und Timon Peckmann. Sie fragten nicht nur, warum Gott bei Kriegen, Naturkatastrophen und Hungersnöten nicht eingreife, sondern suchten unter anderem auch nach einer Erklärung dafür, weshalb Menschen in Deutschland sich im Internet Kleidung bestellen, um die innere Leere zu füllen, „während sich in China Kinder dafür die Finger blutig nähen“. Die Protagonistin in dem Slam von Mia Oehlsen wendet sich schließlich vom „Göttlichen zum Menschlichen“ und stellt dabei fest, dass sie Gott gar nicht mehr benötigt, um mit sich und der Welt in Frieden zu leben. Eine Jury kürte nach rund einstündiger Beratung die Gewinnerinnen und Gewinner des Abends. Zur Jury zählten Pastor Michael Grimmsmann, Jaqueline Meyer, die im vergangenen Jahr an der KGS Abitur gemacht hat, Religionslehrer Marcus Nolte und Diakonin Isabelle Watrall. In der Poetry-Slam-Runde bekamen Lena Freund und Timon Peckmann den ersten Preis und Mia Oehlsen den zweiten.
Bei den Insta-Andachten gewannen Svenja Brennecke und Katharina Vogel mit ihrem Beitrag „Sonnenaufgang“ vor Maike Schmidt mit dem Beitrag „Der Gott des Tragens.“ In beiden Beiträgen wird Gott eher als Begleiter denn als Beschützer oder Lenker gesehen. „Ich gehe voraus und du folgst mir, dem Sonnenaufgang entgegen“, hieß es in der Andacht von Brennecke und Vogel.
Text/Bild: Tobias Lehmann (HAZ)