Fake News sorgen für Wirbel an der KGS (HAZ vom 07.03.23)

Fake News sorgen für Wirbel an der KGS (HAZ vom 07.03.23)

Schüler testen bei Projektwoche, wie schnell sich eine Falschmeldung verbreitet
 
Pattensen-Mitte. Die Nachricht hatte sich schnell verbreitet. „Es dauerte nur eine halbe Stunde, da gingen die ersten Anrufe im Rathaus ein“, sagt Marlon Kraus. Der 17-jährige Schüler der KGS Pattensen hatte gemeinsam mit anderen im Pulsarkurs zum Thema Fake News gearbeitet. „Wir wollten herausfinden, wie schnell sich Falschmeldungen verbreiten“, sagt der Elftklässler. Die Gruppe hatte sich ein sensibles Thema an der Schule herausgepickt: „Alle Schulklos ab nächstem Monat wegen Vandalismus gesperrt!“ stand auf zahlreichen aufgehängten Zetteln. Ortsbürgermeister Martin Jausch erhielt ebenfalls Anrufe. Er war von der Arbeit der Jugendlichen so begeistert, dass er das zum Anlass einer Informationsveranstaltung für Pattenserinnen und Pattenser nehmen möchte.

Die erste Idee der Fake News, dass es in der Mensa zukünftig nur noch veganes Essen gibt, wurde vonseiten der Schulleitung verworfen. Die Befürchtung: An dem Betreiber bleibt ein nachhaltig negatives Image haften. So sei die Gruppe schnell auf die Toiletten gekommen. „Es gibt mit denen ja immer wieder Probleme wegen Vandalismus“, sagt die pädagogische Mitarbeiterin Diana Böttcher. Sie selbst sei auf die A4-Plakate hereingefallen. „Ich habe mich auch erst täuschen lassen und gedacht: Oh, nein! Nicht das jetzt auch noch“, sagt sie. „Dabei war ich direkt auf dem Weg in die Fake-News-Gruppe“, sagt Böttcher.

Das zeige, dass jeder, der Informationen nicht hinterfragt, schnell auf Falschmeldungen hereinfallen kann, betont Kraus. Das könne jeden betreffen, ist der Schüler überzeugt. Auch er könne sich selbst nicht davon freisprechen, mal Opfer von Falschmeldungen zu sein. „Wir wollen deshalb sensibilisieren und auf das Thema aufmerksam machen“, sagt der Schüler.

Unterhalb der großen Schrift waren drei Fotos platziert. Auf einem waren an die Wand geschmierte Fäkalien zu sehen – ein Fall, der sich tatsächlich an der Schule ereignet hatte. Daneben eine Außenaufnahme der Schule sowie eine mobile Toilette. Klein geschrieben war darunter zu lesen: „Laut Beschluss sollen Dixiklos auf dem Schulhof das anhaltende Problem von Vandalismus auf unseren Schultoiletten lösen.“

Die Lehrer seien vorab informiert worden. „Wir hatten alle aber gebeten, die Sache nicht umgehend aufzulösen“, sagt Kraus. Schließlich wollten sie untersuchen, wie die Kommunikation abläuft. „Es gab in den Pausen nur noch dieses eine Thema“, sagt er. Von dem Ausmaß dieser Falschmeldung zeigt er sich selbst überrascht. „Es ist erstaunlich, wie schnell das die Runde gemacht hat und gleich eskaliert – bis ins Rathaus.“ Dabei hätte die Gruppe das Plakat „bewusst polarisierend mit einer simplen, durchschaubaren Masche gestaltet“. Es sei deshalb „absolut besorgniserregend“.

 

Einen Tag nach den Plakaten folgte die Aufklärungskampagne mit neuen A4-Zetteln. „Bist du auf unsere Fake-News-Kampagne reingefallen?“ stand dort in großen Buchstaben geschrieben. Dazu erläuterten die Schüler, wie sie es erreicht hatten, die Mitschüler hinter das Licht zu führen. Große und bunte Schrift sowie die plakative Darstellung hätten schnell Aufmerksamkeit erregt. Die in der Vergangenheit immer wieder mal vereinzelt wegen Vandalismus gesperrten Toiletten hätten schließlich dazu geführt, die Sache nicht näher zu hinterfragen. Es passe schließlich ins Bild. Zudem nutzten die Schüler bewusst das auffällige Ausrufezeichen der Ernst-Reuter-Schule. Symbole können aus dem Kontext gerissen werden.

Um sich vor Fake News möglichst zu schützen, sollte sich jeder fragen, ob Quellen konkret benannt sind. In diesem Fall schrieben die Initiatoren von einem Beschluss – ohne Quelle. Weitere Fragestellungen, die man im Kopf durchgehen sollte: Wie realistisch ist das Szenario? Gibt es unabhängige Quellen? Wie ist die Information dargestellt?

Selbst bis zu Ortsbürgermeister Martin Jausch sprach sich die vermeintliche Toiletten-Problematik schnell herum. „Das ist ein geiles Projekt“, sagt er. „Ich bekam schnell Nachrichten von empörten Eltern.“

Text/Bild: Mark Bode (HAZ)