KGS-Schüler gehen gegen Mobbing vor (HAZ vom 03.03.22)

KGS-Schüler gehen gegen Mobbing vor (HAZ vom 03.03.22)

Zwei Jahrgänge entwickeln verschiedene Projekte – auch zu Apfelchips und digitaler Kunst

Pattensen. Auf dem Platz vor der KGS Pattensen sind zurzeit viele irritierende Ausdrücke mit Kreide auf den Asphalt gemalt. Unter anderem steht dort „Schlampe #sexismus #slutshaming“ oder „Du bist zu fett für den Stuhl #mobbing #bodyshaming“. In einem Projekt wollen die Schüler damit auf Mobbing aufmerksam machen. „Wir waren in den Klassen und haben gefragt, welche Ausdrücke sie sich schon anhören mussten. Das sind alles Beleidigungen, die hier an der Schule ausgesprochen wurden“, sagt die 17-jährige Vivien Türk. Viele dieser Ausdrücke seien auch schon in jüngeren Jahrgängen gefallen.

Lehrkräfte einverstanden

Sind die Lehrerinnen und Lehrer denn damit einverstanden, dass die Schüler so offensiv mit dieser Problematik umgehen? Die betreuende Lehrerin Victoria Veits bejaht das. „Wir bilden hier die Gesellschaft ab, in der es in allen Bereichen auch Mobbing gibt. Ändern können wir das nur, wenn wir offen darüber reden“, sagt sie. Die Hoffnung besteht darin, dass die praktischen Beispiele jetzt auch im Unterricht aufgegriffen und diskutiert werden.

Türk ergänzt, dass die KGS auch das Prädikat „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ trage. Die Schule erklärt dazu auf ihrer Internetseite: „Bei uns werden Gleichwertigkeit und Interkulturalität gelebt – menschenfeindliche Einstellungen wie Rassismus, Antisemitismus, Homophobie, Muslimfeindlichkeit oder die Herabwürdigung von Frauen haben bei uns an der Ernst-Reuter-Schule keinen Platz.“ Türk sagt, das bedeute aber nicht, dass es diese Phänomene nicht gibt. „Wir müssen uns dieser Tatsache stellen, um sie zu ändern“, sagt Türk.

Das Projekt gehört zu mehreren Aktionen, die die Schule in der sogenannten Pulsarwoche in den Jahrgängen elf und zwölf zum Thema Sprache aufgegriffen hat. In einem anderen Projekt wurde darüber diskutiert, ob rassistische oder homophobe Ausdrücke in alten Romanen ersetzt werden sollten. „Der Streitpunkt ist, ob zum Beispiel in das Kinderbuch Pippi Langstrumpf von Astrid Lindgren sprachlich eingegriffen werden darf oder nicht“, sagt ein Lehrer. In der Originalausgabe des Romans wird das N-Wort für einen König verwendet. Der Verlag hat den Ausdruck in der deutschen Übersetzung mittlerweile in „Südseekönig“ verändert. Auch die Tendenz in der Diskussion unter den Schülern soll dahin gegangen sein, dass Eingriffe dieser Art angesichts einer veränderten Gesellschaft sinnvoll seien.

Mit einem anderen Thema hat sich unter anderem Dimitri Melnik beschäftigt. „Wissen Sie was NFTs sind?“ Diese Frage stellt er als erstes, wenn Besucher sich an dem Stadt der Schülergruppe in der KGS Pattensen einfinden. NFT steht für Non-Fugible Token und ist eine Art digitales Unikat.

So bieten Künstler zum Beispiel kurze Filmclips oder auch Musik als NFT an. Für Kunden ist das attraktiv, da ein NFT Einzigartigkeit garantiert. Im vergangenen Jahr erzielten verschiedene Künstler mit dem Verkauf dieser digitalen Unikate teilweise Millionenbeträge.

Kaum Eigenkapital nötig

Die Schülergruppe aus dem zwölften Jahrgang hat damit in der Projektwoche der KGS Pattensen wohl einen der aktuellsten Trends herausgegriffen. „Die Idee ist, dass Unternehmen bei uns NFTs in Auftrag geben, die wir dann zu einem vereinbarten Preis auch vermarkten“, erläutert Luka Hülsmann. Sollte die Nachfrage und damit auch der Preis für die NFTs steigen, bleibt ein kleiner Teil des Gewinns bei dem Start-Up. „Der Vorteil ist, dass dieses Start-Up nahezu ohne Eigenkapital umgesetzt werden kann“, sagt Hülsmann. Die Schüler stellen lediglich ihre digitalen Kenntnisse und Kapazitäten zur Verfügung. Um das Start-Up bekannt zu machen und auch visuell in den Köpfen von Bürgern zu verankern, haben die Schüler ein individuelles Logo entworfen.

Eine weitere ungewöhnliche Idee ist einer anderen Gruppe gekommen. „Eigentlich wollten wir Apfelschnaps herstellen. Doch das durften wir an der Schule nicht“, sagt der 17-jährige Simon Borgmann und zwinkert mit den Augen. Dann gingen die Vorschläge weiter zu Apfelsaft über Apfelmus und endeten schließlich bei Apfelchips. Diese präsentierten mehrere Schüler aus dem elften Jahrgang jetzt in der Aula der Schule.

„Wir haben Äpfel in Scheiben geschnitten, ein wenig Zitrone darauf getan und sie schließlich vier Stunden im Ofen rösten lassen“, erläutert Elias Karafilov. Die Schüler haben den gesamten Herstellungsprozess auch gefilmt. Der Film lief am Stand der Schüler auf einem Laptop. Gleichzeitig haben die Schüler ein Konzept für den Verkauf entwickelt. Auch eine Erweiterung der Produktpalette etwa mit Bananenchips sei noch denkbar.

Eigene Internetseite

Die Schülergruppe präsentiert das Konzept auf der selbst entwickelten Internetseite www.apfelflair.de. „Ich habe das ganze Wochenende damit verbracht, die Seite einzurichten“, sagt Karafilov und hat damit freiwillig mehr Zeit investiert, als von der Schule verlangt wurde. Er lobte das Projekt in großen Tönen. „Der normale Schulunterricht ist auch wichtig. Doch in dieser Woche habe ich von BWL-Aspekten bis zur Programmierung von Internetseiten besonders viel für mich mitgenommen“, sagt er.

Text/Bilder: Tobias Lehmann (HAZ)