Achtklässler sollen eigenständig Ideen entwickeln / Unterstützung vom Land Niedersachsen
Pattensen. Das Leitungsteam der KGS Pattensen hat sich für die nächsten Jahre viel vorgenommen. „Wir regen die Schüler an, groß zu denken und bestehende Vorgaben zu hinterfragen. Das sollten wir Lehrer auch tun“, sagt Schulleiterin Mirjam Gerull. Unterstützung bekommt die Ernst-Reuter-Schule jetzt dafür auch offiziell vom Land. Das niedersächsische Kultusministerium hat 65 Bildungseinrichtungen in das „Modellprojekt Zukunft“ aufgenommen, um Themen wie Demokratiebildung und nachhaltige Entwicklung zu fördern.
20 Schulen ausgewählt
20 dieser Schulen wurden zusätzlich ausgewählt, um pädagogische Konzepte zu entwickeln und auszuprobieren, die die Institution Schule generell in die Zukunft führen soll. Dazu gehört auch die KGS Pattensen.
Lehrerin Katharina Katechakis hat die Koordination des Projekts an der KGS übernommen und steht auch als Ansprechpartnerin für das Land zur Verfügung. Sie betont, dass die Schule nicht zufällig in das Projekt aufgenommen wurde. Bereits in der Vergangenheit hat die Ernst-Reuter-Schule immer wieder pädagogisches Neuland betreten, zum Beispiel mit der Einführung der kooperativen Eingangsstufe und dem Projekt Herausforderung, bei dem Schülerinnen und Schüler des neunten Jahrgang zwei Wochen lang unterwegs waren, und ohne Handy und nur mit 100 Euro in der Tasche zurechtkommen mussten.
Als nächste Aktion wird jetzt für den achten Jahrgang das Projekt Verantwortung geplant. Die Schülerinnen und Schüler sollen eigenverantwortlich ein Projekt entwickeln und betreuen. Dies könne zum Beispiel ein Einkaufsservice für Senioren sein oder etwa eine Informationskampagne über die Bedeutung von Blühwiesen für Insekten. Für Gerull ist es wichtig, den Kindern und Jugendlichen eine Form von Selbstwirksamkeit zu vermitteln. „Die Schülerinnen und Schüler sollen keine Angst vor eigenständigem Handeln haben und lernen, dass sie in dieser Welt etwas bewegen können“, sagt sie.
Freie Einteilung der Arbeitszeit
Katechakis ergänzt, dass ein weiteres Projekt unter dem Namen Pulsar gerade für die Oberstufe geplant wird. „Die Schülerinnen und Schüler bekommen fächerübergreifend verschiedene Themen vorgegeben. Zu einem dieser Themen müssen sie innerhalb einer Woche selbstständig eine Präsentation entwickeln“, sagt sie. Diese Woche gestalten die Schüler komplett frei. Sie müssen nicht zur Schule kommen und können ihre Arbeitszeit frei einteilen. Es muss lediglich am Ende der Woche ein vorzeigbares Ergebnis vorliegen. „Das ist dann schon eine konkrete Vorbereitung für die Uni. Dort müssen die Studenten dann schließlich auch komplett eigenverantwortlich handeln“, sagt Gerull.
Ein weiteres Ziel der Schule ist es, eine kooperierende Bildungslandschaft in Pattensen aufzubauen. So habe die KGS bisher unter anderem schon mit der Stadt, mit Seniorenheimen und dem Verein Buller & Bü zusammengearbeitet. Weitere Kooperationen seien wünschenswert, führt der stellvertretende Schulleiter Andreas Ulrich aus. Eng sei auch der Austausch mit dem Jugendparlament in Pattensen, zumal viele der Mitglieder auch die KGS besuchen. „Das Ziel des gesamten Prozesses ist die Bildung eines Demokratieverständnisses bei Jugendlichen und die Entwicklung ihrer individuellen Potenziale“, sagt Ulrich.
Innerhalb des Projekts stellt das Land der Schule verschiedene pädagogische Experten an die Seite, die die Projekte der Schule fünf Jahre lang begleiten und auch für die Entwicklung neuer Ideen offen sind. Daran mangelt es dem Leitungsteam der KGS nicht. Gerull befasst sich zum Beispiel gerade mit dem Gedanken, dass die Jugendlichen nicht mehr alle gleichzeitig eine Klassenarbeit schreiben müssen, sondern sich innerhalb eines bestimmten Zeitraums eigenständig dafür anmelden können. „Beim Führerschein melden sich die Fahrschüler auch dann für die Prüfung an, wenn sie sich bereit dafür fühlen. Warum soll das in der Schule nicht auch so sein?“, fragt Gerull. Sie betont, dass Schulen sich mehr vom „preußischen Gleichklang“ weg und mehr zu individueller Förderung hinbewegen müssten.
Enge Beteiligung der Eltern
Ziehen alle Eltern mit in das pädagogische Neuland? Gerull sagt, dass die gesamte Entwicklung ein partizipativer Prozess ist. Eltern wie Schüler sollen eng an der Entwicklung beteiligt werden. Der Austausch mit Eltern sei bereits in der Corona-Krise sehr intensiv gewesen. „Da die Situation auch für uns neu war, waren wir auf das Feedback von Eltern und Schülern angewiesen. Sie mussten uns sagen, ob wir an einer Stelle zu viel oder an anderer vielleicht zu wenig machen“, sagt Gerull. Sie freue sich, jetzt gemeinsam mit dem Kollegium, Eltern, Schülerinnen und Schülern sowie den Experten des Landes tragfähige pädagogische Konzepte für die Zukunft zu entwickeln.
Text/Bild: Tobias Lehmann (HAZ)
Hier geht es zu einem früheren Artikel zu diesem Thema und hier geht es zur Internetseite des Modellprojekts Zukunftsschule.