Die KGS kommt auf den Hund (HAZ vom 11.03.21)

Die KGS kommt auf den Hund (HAZ vom 11.03.21)

Labrador Tinto begleitet Lehrerin Ann-Kahrin Giebe in den Unterricht an der Ernst-Reuter-Schule
 

Pattensen-Mitte. Richtig zügig kommt Ann-Kathrin Giebe nicht voran, wenn sie in der KGS Pattensen von einem Raum zum anderen möchte. Immer wieder muss die Lehrerin stehenbleiben. Kinder und auch andere Lehrkräfte sind von Giebes Begleiter angetan. Der neue Mitarbeiter der Schule bewegt sich auf vier Pfoten voran, hat ein schwarzes Fell und hört auf den Namen Tinto. Der bald vierjährige La-bradorrüde ist seit Sommer der engagierte Schulhund an der Ernst-Reuter-Schule.

Die Schülerin Naja hat eigentlich Angst vor Hunden, wie sie sagt. „Aber Tinto ist richtig süß“, findet die 13-Jährige. Sie hat sich fest vorgenommen, an diesem Tag erstmals den Hund zu streicheln. Dafür hat sie einen Handschuh dabei, den sie schnell überstreift. Aufgeregt bewegt sie sich auf Tinto zu. „Du musst etwas ruhiger sein, sonst spürt Tinto das“, sagt Giebe. Naja atmet tief durch und wagt es schließlich, den Labrador am Rücken kurz zu berühren. Als Tinto den Kopf zu ihr dreht, erschrickt sie und zieht ihre Hand zurück. Doch die Schülerin hat Gefallen am Streicheln gefunden – und streckt wieder ihre Hand aus.

In Latein und Geschichte dabei

„Der ist richtig knuffig und sorgt bei allen für gute Laune“, sagt die elfjährige Lina. „Es ist toll, dass wir so ein liebes Tier in der Schule haben“, ergänzt Juana, 13 Jahre alt. Das ist nur möglich, weil Giebe und ihr Haustier eine zweijährige Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben. „Tinto ist sehr kontaktfreudig und menschenfreundlich“, erklärt die 32-Jährige. Sie unterrichtet Latein und Geschichte. Einmal in der Woche hat sie ihren Vierbeiner in der Schule dabei. Um zu großen Stress für das Tier zu vermeiden, verbringt Tinto die übrige Zeit dann doch zu Hause.

Im Unterricht hilft Tinto beispielsweise beim Lernen von Lateinvokabeln, indem er bestimmte Zettel auswählt und die Schüler diese Vokabeln anschließend übersetzen müssen. „Auch Gruppeneinteilungen klappen mit ihm super“, berichtet Giebe. So ist Tinto geübt darin, alte Überraschungseierhüllen aus einem Behälter zu ziehen. Darin befinden sich Zettel mit Nummern, mit denen die Gruppen festgelegt werden. „Wenn er das macht, gibt es nie Ärger. Wenn ich Gruppen festlegen will, fangen einige an zu diskutieren“, sagt Giebe.

Hund beruhigt und motiviert

Da der Unterricht derzeit coronabedingt spärlich ausfällt, ist Tinto bei der Notbetreuung der KGS mit im Einsatz. „Ich freue mich immer, wenn er zu mir läuft“, sagt Lina. Doch kann es nicht störend sein, wenn Tinto während des Unterrichts ständig präsent ist? „Nein, er beruhigt uns“, bekräftigt Lina. Die Erfahrung hat auch Giebe gemacht. „Gerade im Nachmittagsunterricht sind die Schüler häufig schon ziemlich erschöpft. Wenn Tinto bei einem dann seinen Kopf auf das Bein legt, arbeitet der Schüler oder die Schülerin normal weiter.“ Und wenn die Gruppe durch den umherstreifenden Hund doch mal zu aufgekratzt sein sollte, wird er in einen separaten Raum geschickt. Doch oft liegt er auch während des Unterrichts einfach auf seiner Decke. „Wir haben Regeln aufgestellt“, sagt Giebe. Eine davon besagt, dass Tinto in Ruhe gelassen wird, wenn er sich dorthin zurückzieht. Das respektieren alle. Zutritt zu sämtlichen Schulbereichen hat Tinto übrigens nicht. Die Chemie- und Physikstunden finden ohne ihn statt. Auch in den Hauswirtschafts- und Werkraum darf er nicht. Im Lehrerzimmer ist er angehalten, sich vom offenen Küchenbereich fernzuhalten.

Leckerli nur nach Genehmigung

Eine weitere Regel besagt, dass die Kinder nur Hundeleckerli verteilen dürfen, die die Lehrerin vorab gesehen hat. Gewöhnlich bringt sie die Naschereien für Tinto selbst mit und gibt sie dann an die Kinder weiter. „Es kommt aber auch öfter vor, dass jemand extra etwas für ihn kauft“, sagt Giebe. Meist sei das okay. Bevor Tinto mit in die Schule durfte, hatte die Leitung bei den Eltern abgefragt, ob es mögliche Allergien bei den Kindern gibt. Bislang ist das laut Giebe nicht der Fall. Sollte sich das ändern, wären verschiedene Optionen denkbar. „Wenn die Allergie nicht sehr ausgeprägt ist, reicht es vielleicht, wenn der Schüler keinen direkten Kontakt mit dem Hund hat“, sagt Giebe.

Sie könnte Tintos Fell vor dem Unterricht auch mit einem Pulver bestreuen, das die allergische Reaktion eindämmen soll. „Im schlimmsten Fall kann der Hund nicht mit in die Klasse“, sagt Giebe.

Text/Bilder: Mark Bode (HAZ)